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Ashes for Breakfast Page 6
Ashes for Breakfast Read online
Page 6
Uralten und jüngsten Handels
Entlang der Ausfallstraßen aufs Land.
Besser den Körpern zu folgen
In ihrer Brownschen Bewegung, höflich
Phönizischen Regeln gehorchend
Statt den verbotnen Gerüchen, obszönen
Flüchen und diesem Singsang
Auf ein paar Wellenlängen seit Orpheus.
Skeptisch, belesen, gereizt … ganz im Stil
Der Annoncen, unendlich fern
Jeder Landschaft, mit wenigen Strichen
Gezeichnet, der Zeitungsmensch
Mit dem Innern im Zwielicht, warst du.
O diese Zartheit der Lungen …
Das Xylophon aus verborgenen Knochen
Vom Schädel zum Kleinen Zeh.
Und daß die Körper schwer finden, was
Ihr Begehren sucht, daß Gewalt
Sie in Schlingen zwingt, bis sie hastig,
Aufgezehrt vom Geschwätz,
Zum Ausgang drängeln, — wohin damit?
Unsichtbar sein, sich geräuschlos im Raum
Bewegend, ein Körper aus Luft,
Klinken drückend, wie animiert, Treppen
Herauf- und heruntergleitend,
Wie an Spinnweb-Flaschenzügen sich leicht
Durch Fenster hangelnd, ein Ariel
Ohne Auftrag und unter niemands Vaterblick,
Im Dunkel der Kinos zu Hause,
In Bankkeller, Schiffskabine und Luxussuite,
Ein blinder Passagier, wunschlos
Hinter gebauschtem Vorhang, vom Licht
Unbehelligt, vom Wer-ist-Wer:
In einer Welt voller Totschlag — schnell weg.
Achtlos, wie alles anfängt, noch schläfrig
Im Gähnen blutend, siehst du
Dein Kinn im Spiegel zerschnitten, die Haut
Unterm Schwedenstahl frösteln,
Die Augen im Morgenlicht glasig, ein Tier
Das den aufrechten Gang übt,
Den Gebrauch von Werkzeug. Wie Läuse,
Im Waschbecken wimmelnd,
Die Stoppeln Barthaar, — mit jeder Rasur
Kehrt das Feilschen wieder, sucht
Deine Angst den Balanceakt: ein erstes
Plädoyer für das Unschuldsherz,
Lang vor dem Adernöffnen die Amnestie.
Kurz vor Karfreitag packt dich der Schlaf
Wie bei jedem Fest. Nichts
Stört den Ablauf der Tage. Blasphemisch
Hörst du die Preßluft entweichen —
Irgendein Graben entsteht, ein Kaufhaus
Lädt pünktlich zur Auferstehung
Mit neuen Preisen ein. Fast erleichtert
Beschreibt ein Gerichtsbericht
Den Weinkrampf des Mörders, seinen Fleiß
All die Jahre davor. Ostern
Bringt den Familien Arrest ein. Die Kinder
Denken an Weihnachten. Bald
Gibt es Neujahrswünsche und Sekt um Zwölf.
Was für ein blutiger Knirps du mal warst,
Ein runzliger Kobold, verknotet
Die Arme, die Beine. Mit bläulicher Haut
Wie um dein Leben strampelnd,
Früh um dein künftiges Sterben bemüht.
Und alles fing so untröstlich an
Mit einem gellenden Schrei, als die Welt
In die Lungen zog, rasselnd.
Mit einem Schock (›Soviel Licht!‹), einem Schnitt
Flinker Scheren und Messer
In das einzige Fleisch, das nicht du warst.
Der Nabel erinnert den Faden,
Die Zerreißlust der Parzen von Anfang an.
Peinlich, — schon auf den frühesten Photos
Dasselbe Lächeln voll Zutraun
Zum Objektiv, das die Strahlen bündelt
In ein Nostalgia, geöffnet
Für Millisekunden, der Körper verführt
Vom Versprechen der Wiederkehr
Der vertrauten Dinge. Und später ist Zeit
Mit den Händen zu greifen,
Ein Schwinden, bestürzend, auf Zelluloid.
Wie dein Lächeln sich auflöst
Beim Betrachten nach Jahren. Befangen
Vom Unbekannten, fixiert auf
Längst Fernes, weist dein Blick dich zurück.
Mannsdicke Rohre, in die du als Kind dich
Im Versteckspiel verkrochst
Waren im nächsten Traum riesige Tunnel,
Bunker und Tropfsteinhöhlen,
In denen du Urmensch warst oder Soldat …
Doch vor allem erwachsen, voraus
Diesen schmächtigen Fesseln, der Ohnmacht
Von Geschlecht und Statur. Flach
Auf den Wiesen warst du, von frischer Erde
Betäubt, in den Mulden aus Gras
Dir selbst so nah wie die Birnen dem Stamm.
Bis es galt, im Trikot zu gehn,
Freihändig pissend, die Schultern wattiert.
Denn was heißt schon Kindheit, nach Jahren
Der Flucht, ein erpreßter Wunsch,
Sprungbereit auf den Lippen, ein Kehrreim
Wie Heimat und Komm-nach-Haus.
Über die Schultern gespuckt, war das fatale
Zurücksehn ein schlechter Tausch
Für das Kürzerwerden von Tag und Nacht.
Verwaschen die Farben, die rosa
Idyllen aus Lammfell. Das war’s: der Geruch
Erbrochener Milch, das Komplott
Großer Körper, die dich fütternd erdrückten,
Ganze Wolken von Hysterie,
In denen man laufen lernte und sich zu wehrn.
Seltsam, woran sich das Auge gewöhnt.
Der geschlossene Horizont
Rings, und wo Fleisch war, das Dunkel
Im Röntgenbild, helle Flocken
Für Mark und Bein. Noch beim Liebesakt
Tropft das Rosa aus, rangeln
Die Körper in Einzelgliedern, tranchiert.
Und der Blick ist schon kalt
Bevor das Leben erkaltet. Die seltne Lust
Sich betastet zu fühlen, wach
Unterm Messer zu liegen, wird glitzernd
Von Tropfen quittiert, Tränen
In denen die Freude sich sammelt als Rest.
Wie viele Gesten sind sinnlos, und dennoch
Hält ein Staunen sie wach. Wütend
Einer Fliege zu drohen, in steifer Andacht
Vor den Toten den Kopf zu senken,
Mit Grüßen und Winks sich die Einzelhaft
Zu versüßen, kann amüsant
Oder anständig sein. Vor der Trägheit
Der Wolken wird alles absurd.
Niemand sieht diesen Clown sich betrügen.
Den Zeugen, kurz eingenickt,
Ist der Lidschlag entgangen, der Hinweis
Gespreizter Finger, wenn List
Im Verkehr der Indizien die Zunge löst.
Was für ein Händepaar, was für ein Blatt
Noten, ein verstimmtes Klavier,
Spielt da zusammen und du hörst nur dies:
Üble Etüden im Vorraum
Zu einer der Ängste, einer der Kammern,
Verboten, wie Uhrkästen eng.
Auf geschlossenen Deckeln die Schlüssel
Für Überdruß, für den Rumor
In Bauchhöhlen … Was für ein Taktzähler,
Was für Gesang? Feiner Sand
Rinnt aus den Rasseln, den Fetischmasken
Auf staubige Tasten. Hörst du
In welcher Enge du atmest, dich regst?
Daß es die Dinge sind, die dich verhöhnt,
Schwindend im Tageslicht,
Dir selbst überlassen, daß Zeit sich zuerst
An Lebendiges hält, Lächeln
Noch unwägbar, Nacken und feines Haar:
Seit wann siehst du, wie weit
Dieses Einstweilen reicht, was den Möbeln
Die Wette gilt? Aus der Sicht
Eines Stuhlbeins ist jeder Tisch ein Sarg,
Unverrückbar im Schattenreich
/>
Hinterbliebener Mieter, in dem Bewohner
Längst Tote sind, auf Besuch.
Wie die Vase sich ausschweigt, die Klinke.
Unmöglich zu fliegen — mit dieser Brust,
Flach wie bei Emu und Strauß.
Zu sperrig die Rippen und ohne Schwung
Die Gelenke, nicht leicht genug.
Stehst du am Fenster, Arme verschränkt,
Den Möwen im Sturzflug folgend,
Ist es wie Zahnschmerz, und jeder Bogen,
Jedes Und, jede Rundung läßt dich
Am Boden zurück, Exemplar einer Tierart
Vom Rückfall bedroht, Invalid
Mit gestrecktem Hals. Nur ein Pinguin
Hält es aus im Stehn, am Rand,
Unter Flügelzucken und schwerem Traum.
Und was ist es sonst, als Magie, dieser Riß
Zwischen Namen und Dingen,
Als einziges Echolot ins Verbotne: Tabus?
Wie eine Hand, abgetrennt,
Unterm Tisch liegt ein ledriges Kaktusblatt,
Kahl auf dem Teller die Gräte,
Einer Haarspange ähnlich in kaltem Fett.
Daß man die Toten herausputzt,
Erzählt auf dem Bügel die Hose, das Hemd
Über den Stuhl gelegt, nachts.
Ein Eimer vergrößert den Raum, eine Lupe
Die feinen Risse im Schädeldach.
… Bilder wie Grabbeigaben an jeder Wand.
Grundlos, wie Leben entsteht, ist es bereit
Zu vergehn in den Kehlen,
Durch die Finger zu rinnen, die Wand hinab.
Was sich nie ausging, war Angst.
In jeder Kneipe zu haben, am rechten Fleck
War es der Dampf an der Theke,
Der Geruch von geschlachteten Hühnern
Aus Küchen, das ranzige Öl,
Das Zerkochen von Meeresfrüchten zu Müll.
Schaudernd siehst du den Krebs
Mit verbundenen Scheren, Forelle und Aal
Unterm Schlammbauch des Karpfen.
Im Kofferraum schreit eine Katze nach Luft.
Und oft wird auf halbem Wege der Tod
Unterbrochen, bevor er selbst
Unterbricht, — eine Stockung im Kreislauf,
Aufschwünge, Stürze, Bedauern
Wegen so vieler Enden, so vieler Beginne
Wie es Reflexe gibt, Wechsel
Der Ansichten zwischen Amöbe und Stern.
Das Einzeln-, das Irre-
Das Spaltungsirresein täuscht sich gewitzt
Vor zerbrochenen Spiegeln
In der Pose Vergeßlichkeit: jede Lücke
Ein verlorenes Fundstück,
Die Mühe, es wiederzufinden, ein Psalm.
Um von vorn zu beginnen, — der Anfang
Liegt in den Tagen danach,
In den Zweifeln der Frau, wem die Wucht
Dieses Andrangs galt. Möglich,
Daß ihre Echos ihr fremd sind am Morgen,
Das Neue, zu früh in Sicht,
Sie erpreßt und zur Umkehr zwingt, Panik,
Daß ihre Zeit nun vorbei ist.
Was ist sein Stöhnen gegen die Sprengung
In ihrem Innern, den Schwindel,
Daß der Rhythmus gestört ist, ihr Zögern
Eh das Ei seinen Ort erreicht,
Die Furcht vor dem Ende, das nun beginnt.
Sieh, wie oft du zurückzuckst, gespiegelt
Im Lackglanz von Kühlerhauben,
In metallischen Sonnenbrillen, dir selbst
Widerfahrend in einer Drehtür,
Die dich hineinzieht. So schnell vervielfacht,
Warst du immer schon vor dir da
Wie der Igel im Märchen, lästiges Visavis.
Hämisch auf Fettaugen treibend,
In jeder Suppe zur Stelle, in jedem Bier,
Gab es nicht viel zu viele von dir?
Stand nicht noch immer in jedem Tröpfchen
Eins deiner Doubles, im Zweifel
Ob Zeit wirklich sämtliche Züge verwischt.
Denk von den Wundrändern her, vom Veto
Der Eingeweide, vom Schweigen
Der Schädelnähte. Das Aufgehn der Monde
Über den Nagelbetten führt
Andere Himmel herauf, strenger gestirnt.
Lachhaft die Höhenflüge, getrübt
Aus den engen Knochenhöhlen der Ausblick
Auf Kloaken und Gräberreihen,
Hautflecken, zyklisch, und Sternbilder, nah.
Weiter ist hier die Umlaufbahn,
Länger dauert es in den kälteren Nächten
Bis die Blutung gestillt ist, Hunger
Den Körper versiegelt, das Schwarze Loch.
Lange her, daß dein Finger ein Halt war,
Ein Laufsteg hinaus in die Luft,
Für den Sänger von Theben, das Heupferd,
Die rasenden Maikäferhorden,
Den Hopliten am Feldrand, die Schildlaus.
Immer färbten die Flügel ab
Der ermüdeten Schmetterlinge, Papyri
Mit Hieroglyphen beschmiert. Kot
War die Schleifspur der Raupenkolonnen.
Blattgrüner Hügel, der Daumen
Blutig vom Rumpf der zerdrückten Mücke.
In den Handrücken brannte
Eine vom Fußvolk, die Ameise, sich ein.
Solange noch Gras sprießt aus allen Fugen
Ist nichts verloren. Der Baum
Mißt die Menschenalter in kleinen Ringen.
Von einer Wohnung für viele
Bleibt im Brandfall nur ein verkohltes Loch
Oder ein schöner Spielplatz. Leicht
Steigt im Stadtwind aus Abgas ein Drachen,
Fährt auf den aschenen Pfützen
Ein Schiff aus Papier. Wie dein Herz springt,
Wenn die schimpfende Amsel
Ihr Stück Rasen verteidigt am Straßenrand,
Und überall grünt es. Der Schritt
Federt oft über Gräbern, planiert zum Weg.
Doch der wahre Spuk war das Einmaleins
Das die Träume in Netze legte,
Tagtäglich, das Schwirren von Bumerangs
Um die zahllosen Dinge, der Zwang
Zu Gemenge und Handlung, das Rechnen
Im Schlaf, algebraisch gelähmt.
Seit du, ein Häkchen, stumm überm Heft,
Ziffern in Kästchen sperrtest
Bist du selbst dieses vielfache Ganze, geteilt
In sezierbare Glieder, der Kopf
Zwischen Minus und Plus, Haut und Hirn
So unendlich gefaltet. Die Tage
Gezählt, wird das Leben zum Intervall.
Fröstelnd unter den Masken des Wissens,
Von Unerhörtem verstört,
Traumlos am Tag unter zynischen Uhren,
Fahrplänen, Skalen, beraten
Von fröhlichen Mördern, vorm Monitor, —
So wird man Sarkast. Fest
Steckt im Zähneknirschen die Reduktion,
Im Mangel die Schadenfreude,
In Monologen aus Irrsinn das süße Singen
Des Kinds, von zu Hause entflohn
Aus der Stadt, querfeldein, auf die Dörfer,
Wo die Füße nachts schmerzten,
Der Augengrund, von Insekten bewohnt.
Die Nerven blank wie unter Flügeldecken,
Genügt ein kreischender Baukran
Am Mittag, dich zu erschrecken, ein Pfiff
Ums Eck, eine zischende Dose.
In diesem jüngsten Himmel-Hölle-Spiel
Bricht etwas auf, sprengt Risse
Ins alte Hirngewölbe des Jahrhunderts.
Der Boden dröhnt. Sixtinisch
Hallt es von musealen Stunden, tickend
Im Zentrum, über leere Plätze.
Derselbe Kalk, der die Schlagadern engt,
Drängt die Straßen ins Weite,
Scheidet die Geister vor einer Hochhauswand.
Und immer das Warten auf den Transport
Zwischen den
Orten, wo Ankunft
Ein Portal ist im Regen, ein weißer Flugplatz
Der sofort Abschied meint: Exit
Durch ein Tageskino, ein helles Nachtcafé,
Vorbei an den Förderbändern
Mit raunenden Koffern, Taschen, vertauscht.
Niemand da, der dich auffängt,
Trittst du zeitkrank ins Freie, schwankend
Vor Raumnot, ein Evakuierter,
Den ein Taxi holt aus der Zone des Bebens
Ins Hotel, vor die Schalterhallen,
Wo Zugluft ihn abschiebt aufs nächste Gleis.
Auch der kälteste Raum wird zur Sauna,
Solange du irrläufst. Wie steil
Führt ins Erdreich die Treppe, wie streng
Der Geruch ist, die Trennung
In Damen und Herren … Die falsche Tür,
Kaum berührt, lockt ins Abseits,
In verbotne Zonen, vor Wände, markiert
Mit den Zoten der Gegenseite.
Nichts macht so einsam wie das Geschlecht.
In Kabinen gesperrt, lauschend
Der stygischen Spülung, den Eingeweiden,
Allein mit dem Ekel, der Lust,
Klebt an den Fliesen der Körper und träumt.
Gut zu wissen, daß Schwarz die Dinge hält,
Daß es die Blicke beschlagnahmt,
Ein letzter Zoll, verläßlich wie nie ein Blau.
Kein Verröcheln der Farben, kein
Quälender Schmerz, nur ein einfaches Aus,
Ohne Widerhall. Armes Klavier,
Das die Töne verspiegelt in seiner Politur.
Jedes Tuch behält mehr für sich.
Der heiße Asphalt zieht die Fußspuren ein
Der Passanten des Sommers. Nein,
Selten ein Schwarz, das den Tod absorbiert,
Die Blutlachen aufleckt, das Licht,
Diese letzte Zuflucht der Nerven, begräbt.
Wußten wir, was den Reigen in Gang hält?
Daß Lieben einsamer macht,
Schien erwiesen. Jeder behielt ihn für sich,
Seinen Dorn, bis zur Unzeit
Das Blut die Verbände durchschlug. Selten
Blieb jemand unverletzt. Eher kroch
Ein Schmerz beim andern unter. Verlassen